DIPL. ING. HOCHBAU ARCHITEKT HARALD SIEGLE - Berlin

In eigener Sache

Kommentar / in eigener Sache

Bau und Planung des neuen Großflughafens BER oblagen stets einem eigenständigen Baubereich, der zu keiner Zeit an Real Estate, sondern nur an die Geschäftsführung berichtet hat.
Nach Fertigstellung des BER sollte die neuen Gebäude und Anlagenschrittweise in die Eigentümer- und Betreiber-Verantwortung des von mir geführten Immobilien­bereichs übergehen.

2. Transparenz / Kontrolle <<

Im Zuge der Übergaben von einzelnen „fertig gestellten“ Projekten des BER traten immer wieder erhebliche Qualitätsmängel auf, die die Betriebsfähigkeit unmittelbar berührten. Im Herbst 2013 wies der TÜV schließlich auf massive Baumängel in der Hauptver­kabelung des neuen BER- Terminals hin und warnte, die Inbetrieb­nahme der Anlagen sei „grob fahrlässig“ (Protokoll / schriftliche Bestätigung TÜV vom 19.11.2013).

Dies habe ich im „Sprintlenkungskreis“ vom 21.11.2013 Herrn Mehdorn und seiner Entourage in Anwesenheit von Staatssekretär Bomba (BMVI) persönlich vorgetragen.

(vgl. „die Zeit“ vom 10.04.2014) PDF – 1MB

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Zuvor gab es bereits zahlreiche persönliche Gespräche mit der FBB- Unternehmens­leitung, die ergebnislos blieben. In mehreren Schreiben habe ich Herrn Mehdorn dann die Qualifikations-, Organisations- und Qualitätsdefizite am BER allgemeinverständlich, ausführlich und eindringlich erläutert und dazu zahlreiche Reformvorschläge formuliert. Schließlich wies ich schriftlich auf eine akute Gefährdung einer Inbetriebnahme 2016 und auf Interessenkollisionen in der Aufbauorganisation des BER-Projektes hin, indem an einer zentralen Stelle ein externer Mitarbeiter (Hr. Großmann) in Personalunion zugleich eine Auftraggeber- und eine Auftragnehmerfunktion innehatte. Die Schreiben (siehe Briefe und Dokumente) blieben alle unbeantwortet.

Infolgedessen wandte ich mich Ende März 2014 schließlich erstmals schriftlich an Herrn Klaus Wowereit als Vorsitzenden des Aufsichtsrats, nachdem auch Gespräche mit mehreren Mitgliedern des Aufsichtsrates fruchtlos blieben.

Pdf 2, Brief an Wowereit vom 27.03.14 – 6 MB

Das Schreiben an den Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft gelangte an die Presse. Dies nahm die Flughafengesellschaft zum Anlass, eine fristlose Kündigung auszusprechen. Zugleich wurde der Beschluss gefasst, den Immobilienbereich aufzulösen und mehr­heitlich dem Marketingbereich zuzuordnen (!).

Der Aufsichtsrat und seine Mitglieder haben diese Entscheidungen stillschweigend und billigend zur Kenntnis genommen und bis heute auf kein einziges Schreiben reagiert. In der nachfolgenden arbeitsrechtlichen Auseinander­setzung unterlag der Flughafen erstinstanzlich. Schließlich stimmte ich für Mitte 2015 einer Aufhebung des Arbeits­vertrags zu, da ein langwieriger Rechtsstreit mit der Flughafengesellschaft, die faktisch über unbegrenzte Finanzmittel aus Steuern verfügt, letztlich einer Don Quichotterie wäre.

Meine Schreiben an den Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft und namentlich Herrn Wowereit sowie an die Geschäftsführungen der FBB habe ich in voller Vorkenntnis der möglichen Konsequenzen und bis heute ohne jedes Bedauern verfasst.

Pdf 3 Pressespiegel Siegle – 6 MB

Heute orientiere ich mich auf neue spannende Aufgaben in einem seriösen Umfeld (siehe Kapitel Leistungen).

Eine Eröffnung 2016 ist bekanntlich längst Geschichte, heute scheitert aktuell die Inbetriebnahme 2017, weil die strukturellen Ursachen des Desasters unverändert ge­blieben sind. Der Status Quo („aufwandsvergütet in einer Art Endlosschleife weiter Um- und Neuplanen, Abreißen, Um- und Neubauen…“) ist für die meisten Projektbeteiligten ökonomisch attraktiver als Fertigstellung.

Niemand wurde bis heute zur Verantwortung gezogen. Am BER greift Haftung offenbar erst dann, wenn in geradezu filmreif- altmodischer Weise Geldum­schläge auf Autobahn­rast­stätten übergeben werden (Francis G.), der Adressat unmora­lischer Angebote sich selbst bei der FBB meldet (Arcadis ./. Grossmann) oder Firmen notge­drungen zur Selbstanzeige schreiten (Siemens u.a.).

Das Flughafendesaster belegt nicht nur die Inkompetenz der direkten Verantwortlichen am Flughafen sondern verweist darüber hinaus vielmehr auf das Versagen der politisch Verantwortlichen, insbesondere im Land Berlin, dem Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wie auch im Land Brandenburg. Der BER ist mittlerweile ritueller Bestandteil jeder Kabarettsendung. Der Verantwortlichen sind unverändert auf ein besinnungsloses Weiterwursteln („nicht quatschen, fertigbauen“) eingeschworen, das jeden wirklichen Lerneffekt verhindert. Bis heute gibt es keine echte öffentliche Transparenz und funktionierende externe fachkundige unabhängige Kontrolle des Projektes.

Pdf 4 Pressespiegel Öffentliche Kontrolle, Transparenz und Haftung (67,5 MB)

Die fehlende Haftung gehört zu den zentralen Ursachen für die Misere am BER und bei anderen deutschen Großprojekten. Das Strafrecht ist kein Allheilmittel. Auch die Politik bzw. die gewählten Vertreter des Volkes haben das Recht auf Irrtümer und Fehlein­schätzungen und in einer repräsen­tativen Demokratie auch in diesem Sinne Repräsen­tanten des Volkes. Dennoch ist es frap­pierend, dass es im Zusammenhang mit einem Großprojekt in Deutsch­land bisher nur einmal gelungen ist, politisch Verantwortliche persönlich zur Ver­antwortung zu ziehen: Das Landgericht Koblenz verurteilte im April 2014 den ehemaligen Finanzminister von Rheinland- Pfalz Ingolf Deubel zu dreieinhalb Jahren Haft wegen Untreue und uneidlicher Falschaussage.

Untreue (§ 266 StGB ) begeht, „wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögens­interessen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt“. Sie wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Das fremde Vermögen sind hier natürlich Steuermittel.

Die Juristen erklären, dass der Untreueparagraph nur bei Vorsatz greife. Niemand wird im Ernst tatsächlich behaupten wollen, dass die für das BER- Desaster politisch Verantwortlichen, insbesondere im Aufsichtsrat, vorsätzlich gehandelt hätten. Die Juristen erklären aber weiter, dass es bei den (politisch) Verantwortlichen eine Reihe grober Fahrlässigkeiten zu vermuten sei, wie nicht zuletzt durch die Berichte der Rechnungshöfe des Bundes und des Landes Brandenburg nahe gelegt. Wer jedoch – quasi „mit Vorsatz“ wiederholend grobe Fahrlässigkeiten begehe „rutsche“ damit in den Untreueparagraphen hinein und werde haftbar.

Die Juristenzunft ist nun aufgefordert, dies am Beispiel des BER zu substantiieren und ihren Teil für die Weiterentwicklung des demokratischen Gemeinwesens zu liefern, das Inkompetenz, Intransparenz und fehlende Haftung auf Dauer nicht dulden kann. Die Verjährungsfrist beträgt 5 Jahre und begann ca. im Mai 2012. Es wird Zeit zu beginnen. 

Pdf 5 Pressespiegel gesamt hier zum Download  ACHTUNG 255,5 MB Dateigröße